Drahtesel wieder flott machen – in der Radlwerkstatt läuft es rund
Schnelleres WLAN, dicke Schals und Mützen
Es ist wie ein Schlag ins Gesicht, wenn sie zurück müssen in ihre Heimat. Meist sind es Orte, die keinerlei Perspektive auf ein würdevolles Leben bieten und nicht nur die eigene, sondern auch die Existenz der Angehörigen durch Kriege oder fehlende Möglichkeiten, die Lebensgrundlage zu sichern, bedrohen. Der Druck, es in der Ferne schaffen zu müssen und für den Unterhalt der Zurückgebliebenen zu sorgen, ist enorm. Derzeit leben rund 60 junge Männer zwischen 20 und 30 Jahren in Oberdings „Containerdorf“ oder kurz „Dorf“. Sie stammen überwiegend aus afrikanischen Staaten wie Nigeria, Kenia oder Namibia, einige aus Afghanistan und Pakistan, nur noch selten aus Syrien. Etwa die Hälfte der Bewohner geht einer Arbeit nach, fünf sind anerkannte Flüchtlinge, die weiter im „Dorf“ wohnen müssen, da sie keine Wohnungen finden. Viele aber sind mehr oder weniger zum Nichtstun gezwungen, ihre Chancen auf ein Bleiberecht sind ohnehin gering. Jahrelang warten sie auf die Bewilligung ihres Antrags oder sind längst nur noch geduldet. „Manchmal sind die Kontakte auch für uns frustrierend. Einige leben schon so lange hier und sind deprimiert, weil einfach nichts passiert, obwohl entsprechende Anträge laufen“, erzählt Andrea Hartung vom Helferkreis Starke Hände Oberding und Eitting.
Viel Frust
Neben der Unsicherheit, wie es weitergeht, lastet die Isolation von der Familie in einem Land, dessen Sprache sie erst mühsam lernen müssen, schwer auf den Schultern der Menschen. Dazu müssen sie mit unterschiedlichen Kulturen auf engstem Raum auskommen. „Manchmal führt das spontan zu Aggressionen“, stellt Hartung fest. „Ich hatte schon mitten in der Nacht einen Anruf im Sommer, da es furchtbar stank. Jemand im „Dorf“ war völlig ausgetickt und hatte die Mülleimer umgeworfen. Letztendlich hat eine Handvoll Bewohner geholfen und den Unrat wieder eingesammelt.“ Seit Jahren gehen die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Helferkreises ins „Dorf“, bieten Ansprache und geben Nachhilfe in Deutsch wie Karl-Martin Klein, der sich auch um das WLAN kümmert. Seit Corona sind die Kontakte stark reduziert. „Wir fahren kaum hin“, sagt Andrea Hartung und erklärt: „Eine Zeitlang durften wir nicht rein und sind aus Selbstschutz nicht hin, denn es gab immer mal wieder Corona-Ausbrüche. Sogar unser traditionelles Weihnachtstreffen mussten wir absagen.“ Dennoch versucht der Helferkreis alles, um die Bedingungen zu verbessern, wie die ungenügende WLAN-Verbindung im „Dorf“, die für viel zusätzlichen Frust sorgt: „Wir suchen gerade im Eschenweg einen Anwohner, der uns erlaubt, ein Kästchen irgendwo an der Garage oder Regentonne anzubringen“, gibt Hartung einen Überblick. „Die Qualität der bisherigen Verbindung lässt zu wünschen übrig“, weiß auch Dagmar Haun. „Das ist ein weitreichendes Problem. Mit oder über den Computer lernen zu können oder mit der Familie kommunizieren. Sie behelfen sich über Handy und kaufen Datenvolumen dazu.“
Kleine Lichtblicke
Daneben lädt der Helferkreis alle vier Wochen in der Pfarrei Aufkirchen zur „Tekla“ (Teestube und Kleiderkammer) und zum „Radlflohmarkt“ ein. „Das Zusammensein mit Sitzen, Essen und Getränken ist zwar momentan nicht möglich“, meint Dagmar Haun. „Wir können nur unter strengen Hygienemaßnahmen einen kleinen Raum öffnen, in den insgesamt zeitgleich nur drei Menschen dürfen. Trotzdem klappt alles reibungslos mit viel Spaß.“ Es ist der Tropfen auf dem heißen Stein, der nicht verdampft, sondern eher stetig höhlt. „Orte der Begegnungen zu schaffen und sie aufrecht zu erhalten, ist wichtig. Wir wollen Brücken bauen, um Vorurteile abzubauen“, so Hartung und unterstreicht die Bedeutung der kleinen Einrichtung, die aus einer anonymen „Flüchtlingswelle“ einzelne, individuelle Persönlichkeiten macht: „Wenn ich die Menschen und ihre Geschichten kennenlerne, bekommen sie ein Gesicht.“
Starke Hände für Asylbewerber. Der Helferkreis öffnet seine Teestube mit Kleiderkammer.
Keine Spende umsonst
Glücklicherweise sei die Unterstützung mit Sachspenden ungebrochen groß, freut sich Dagmar Haun: „Aber wir brauchen immer Nachschub. Derzeit vor allem gut erhaltene Winterkleidung in kleineren Herrengrößen. Kaum vorstellbar, wie begehrt Mützen und Schals sind. Wir suchen dringend sehr große Töpfe für acht und mehr Personen.“ Generell kann der Helferkreis gut Erhaltenes meist verwerten. „Was wir nicht brauchen, leiten wir weiter. Wir sind sehr gut mit anderen Initiativen vernetzt, zum Beispiel mit der Flüchtlingshilfe Erding“, verspricht Haun. Indes sollte jede Kleider- oder Schuhspende sauber, ohne Risse und Löcher und mit einwandfreien Reißverschluss sein: „Es geht um Würde“, meint Haun: „Wir können uns nicht über ein nachlässiges Erscheinungsbild beschweren, wenn wir es nicht richtig vorleben.“ Für die gespendeten Dinge verlangt der Helferkreis Kleinstbeträge zwischen 50 Cent und einem Euro. „Manche haben die Haltung: „Was nichts kostet, ist nichts wert“. In der ersten Flüchtlingswelle haben wir festgestellt, dass es Leute gibt, die die Sachen verkauften“, begründet Haun die bewusste Entscheidung. „Das Geld, das wir einnehmen, nutzen wir zur Refinanzierung, es fließt in das WLAN. So ist die Maßnahme ein bisschen Hilfe zur Selbsthilfe und das klappt hervorragend.“ Doch der Erlös decke lediglich einen Bruchteil der anfallenden Kosten. „Wir sind definitiv weiterhin auf Spenden angewiesen“, betont Haun.
Schnellerer und effektiverer Umgang
Der Helferkreis kennt die Sorgen, Nöte, Träume und Hoffnungen der „Dorfbewohner“: „Es sind Menschen, die ihre Pässe weggeschmissen und gelogen haben, um hierher zu kommen, das wissen wir“, stellt Hartung nüchtern fest. Dennoch wünscht sie sich eine Änderung im Umgang mit den Flüchtlingen: „Sie brauchen Sprachkurse und Ausbildung und wir brauchen ja Fachkräfte.“ Aus der Erfahrung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit könne sie sich gut eine „Art Asyl“ vorstellen für Bewerber, die aus Ländern mit großer materieller Not stammen. „Das müsste aber an Bedingungen geknüpft sein. Beispielsweise, dass sie innerhalb des ersten Jahres Deutsch lernen und entsprechende Kurse besuchen müssen.“ Die Mehrheit der Flüchtlinge wolle nicht herumsitzen, sondern hier arbeiten, ist Andrea Hartung überzeugt: „Es wäre sinnvoll, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen. Dann bleiben sie vielleicht für ein oder zwei Jahre im Anschluss. Danach würden sicherlich viele freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, um dort etwas mit dem erlernten Beruf oder Wissen aufzubauen.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.










