Verteidigung geht uns alle an

Kategorie: Veranstaltungen

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v.l.n.r.: Martin Huber (AfD), Dr. Andreas Lenz (CSU), Hauptmann Leon Lücke, Kapitänleutnant Kim Zöllkau, Benedikt Klingbeil (SPD), Konrad Thees (GRÜNE), Bürgermeister Bernhard Mücke, Organisator Jakob Maier

Der Kriegerverein Niederding lud zur Informationsveranstaltung über den geplanten Wehrdienst in Deutschland

Im Rahmen des Jubiläumsjahres „1275 Jahre Deang“ hatte der Kriegerverein Niederding am 30. November zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung ins Bürgerhaus eingeladen. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit, sich umfassend über die aktuelle sicherheitspolitische Debatte zu informieren. Nach einem einleitenden Gruß des Vereinsvorsitzenden Jakob Maier begrüßte Bürgermeister Bernhard Mücke die Anwesenden. Er stellte das Jubiläum in den Mittelpunkt und erinnerte an die lange Gemeindegeschichte, die von Menschen geprägt sei, „die unsere Heimat über Generationen gestaltet haben“. Er würdigte die Veranstaltung als wertvollen Beitrag zum Austausch über ein Thema, das längst nicht nur die Bundeswehr, sondern die gesamte Gesellschaft betreffe. Mücke verwies zudem auf die Rolle früherer Zivildienstleistender, von denen viele dauerhaft im sozialen Bereich geblieben seien.

Einblick in europäische Modelle:
Vortrag von Hauptmann Leon Lücke Einen ausführlichen Einblick in die Gestaltung des Wehrdienstes und des Heimatschutzes gab Jugendoffizier Hauptmann Leon Lücke in seinem anschließenden Vortrag. Er zog Partnerländer des NATO-Bündnisses heran und informierte umfassend über die dortige Ausgestaltung und Dauer des Wehrdienstes. Gleichzeitig machte er deutlich, dass es in vielen der Partnerländern freiwillige Heimatschutzorganisationen gäbe, die zivil-militärische Fähigkeiten schulen. Verteidigungskunde zähle zum festen Bestandteil des Schulunterrichts, sogar Drohnenkunde wie das Beispiel in Litauen zeigt, wird gelehrt. In den Länder mit kontinuierlicher Bedrohungslage, auf Grund der Grenze zu Russland, hätten eine stark ausgeprägte gesellschaftliche Verteidigungsbereitschaft, so der Hauptmann. Lücke betonte mehrfach, dass Verteidigung in modernen Gesellschaften nicht ausschließlich militärisch verstanden werden dürfe. Neben aktiven Soldatinnen und Soldaten seien Reserve, Bevölkerungsschutz, Infrastruktur und zivilgesellschaftliche Strukturen unverzichtbar. Deutschland besitze im Bündnisfall auf Grund der geografischen Lage vermehrt Aufgaben in der Logistik. Aus seiner Arbeit in den Schulen wisse er, dass es einer besseren Kommunikation über die aktuellen Pläne der Bundesregierung bedarf. Die Schülerinnen und Schüler säen sich durch die derzeitige Medienberichterstattung verunsichert. Er betonte, dass die Pläne des neuen Wehrdienstgesetzes auf Freiwilligkeit setze. Es sei geplant zunächst einen Fragebogen an alle im Jahrgang 2008 geborenen zu versenden. Alle jungen Männer seien verpflichtet diesen auszufüllen und werden gebeten anzugeben, ob sie bereit wären, freiwillig ihren Wehrdienst zu leisten. Da die Infrastruktur für eine flächendeckende Musterung nach der Abschaffung der Wehrpflicht 2011 erst wieder aufgebaut werden müsse, sollen im ersten Schritt im Jahr 2026 nur die Personen gemustert werden, die bereit sind, aus eigenen Stücken zum Bund zu gehen. Für 2027 ist die Musterung aller im Jahrgang 2008 Geborenen geplant. Sollte die Zielzahl von 20.000 freiwilligen Wehrdienstleistenden nicht erreicht werden, so entscheide das Losverfahren unter allen anderen für tauglich gemusterten Personen über die verpflichtende Teilnahme am vermutlich sechs bis zwölf Monate dauernden Wehrdienst.

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Politische Einordnung zu den aktuellen Plänen der Bundesregierung
Nach den umfangreichen Ausführungen des Hauptmann Lücke, diskutierten die geladenen Vertreter, der im Bundestag vertretenen Parteien, in einer Podiumsdiskussion über mögliche Modelle von Wehrpflicht und Gesellschaftsjahr. Der Einladung folgten die Parteien des Bundestages, lediglich Die Linke zeigte auf die Anfrage von Jakob Maier keine Reaktion.

Konrad Thees vom Kreisverband Erding von Bündnis 90/ Die Grünen betonte, dass der 24. Februar 2022 – der Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine – eine sicherheitspolitische Zeitenwende markiert habe. Er unterschied zwischen einer „großen Lösung“ (allgemeine Dienstpflicht, Grundgesetzänderung) und der „kleinen Lösung“, die derzeit von der Bundesregierung verfolgt werde. Die kleine Lösung halte er für einen ersten Schritt, aber nicht für ausreichend. Deutschland habe in Krisen bereits gezeigt, dass es größere Aufgaben bewältigen könne. In seiner Partei gebe es unterschiedliche Positionen, die Diskussion sei noch nicht abgeschlossen. SPD-Kreisvorsitzender Benedikt Klingbeil schilderte seinen persönlichen Wandel. Als Angehöriger eines Jahrgangs nach Aussetzung der Wehrpflicht sei er zunächst strikt gegen verpflichtende Dienste gewesen. Heute sehe er positive Chancen eines verpflichtenden sozialen Jahres, das jungen Menschen Perspektiven eröffnen könne. Er sprach sich klar für ein allgemeines Gesellschaftsjahr aus, offen gestaltet für soziale Einrichtungen, Katastrophenschutz oder freiwilligen Wehrdienst.

Bundestagsabgeordneter Dr. Andreas Lenz von der CSU hob hervor, wie stark sich die öffentliche Wahrnehmung der Bundeswehr in den letzten Jahren verändert habe. Neben der materiellen Aufstellung sei vor allem die gesellschaftliche Verteidigungsbereitschaft ein zentraler Punkt. Lenz begrüßte die geplante vollständige Musterung eines Jahrgangs und unter Berücksichtigung der Freiwilligkeit. Ein Losverfahren sei lediglich als Ergänzung vorgesehen, wenn die Zielzahlen nicht erreicht würden. Darüber hinaus sprach er sich für ein mögliches breiteres Gesellschaftsjahr aus, um Fragen der Gerechtigkeit besser abzubilden.

Landtagsabgeordneter Martin Huber von der AfD stellte in seinen Beiträgen vor allem zwei Punkte heraus. Huber thematisierte die Frage, welche Konsequenzen es für eine Dienstpflicht habe, wenn Bürgerinnen und Bürger mehrere Staatsangehörigkeiten besitzen. Nach seiner Einschätzung sei die Bindung an Deutschland, insbesondere bei jungen Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, ein wichtiger Punkt, der in der Gesetzgebung berücksichtigt werden müsse. Er betonte, dass eine funktionierende Dienstpflicht ein gewisses Maß an Identifikation mit dem Staat voraussetze. Ohne klare Erwartungen und verlässliche Strukturen könne ein verpflichtendes Modell aus seiner Sicht nur schwer funktionieren.

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Reaktionen aus dem Publikum
Aus dem Saal kamen zahlreiche Impulse, die die Diskussion bereicherten. Mehrere Besucherinnen und Besucher sprachen über das Imageproblem der Bundeswehr oder über die Bedeutung eines modernen Heimatschutzes, etwa im Katastrophenfalle oder bei einem mehrtägigen Black Out. Ebenso wurde die Notwendigkeit umfassender sicherheitspolitischer Bildung in Schule angesprochen. Auch Bedenken zur Gerechtigkeit bei der Ausführung von Wehr- oder Wehrersatzdienst wurden aus dem Publikum geäußert. Die ausgediente Wehrpflicht hätte hier doch erhebliche Lücken gehabt. Geteilt wurden auch persönliche Erfahrungen aus der eigenen Zeit bei der Bundeswehr. Das Podium ging auf viele dieser Punkte ein. Hauptmann Lücke machte deutlich, dass Informationsarbeit in Schulen entscheidend sei, um Mythen, Unsicherheiten und falsche Vorstellungen abzubauen.

Trotz unterschiedlicher politischer Positionen zeigte sich im Verlauf der Diskussion ein verbindender Grundgedanke. Die junge Generation ist bereit, sich einzubringen. Die Sicherheitspolitik rückt wieder in den Fokus der Bevölkerung und wird wieder zunehmend als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen. Zudem sei das Vertrauen in Staat und Institutionen entscheidend, damit Dienstmodelle – ob freiwillig oder verpflichtend – Akzeptanz finden. Die Veranstaltung zeigte, wie wertvoll der Austausch zwischen Politik, Bundeswehr und Bürgerschaft sein kann und wie wichtig gut verständliche Einordnung in einer komplexen sicherheitspolitischen Lage ist.

Für Sie berichtete Sabrina Netzer.

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